Styrkeproven - die Kraftprobe. Das älteste und mit 540km längste Radrennen Norwegens.
Zum ersten Mal dabei ...

Eigentlich sollte es das Highlight der Saison werden: von Trondheim nach Oslo, 540 km, 3600 Höhenmeter. 

 
Jetzt ist es die Vorbereitung für meine Kilometer für Kinder Challenge am 5. August 2019
 
Am 20. Juni geht es los mit dem Flieger nach Trondheim. Dort treffe ich Auf den Rest der Truppe, sechs Mitstreiter die so verrückt waren wie ich und diese Herausforderung angenommen haben.

Der sogenannte Styrkeproven ist eine Traditionsveranstaltung in Norwegen mit über 2000 Teilnehmern.

Über 3600 Höhenmeter geht es von Trondheim nach Oslo von Nord nach Süd.

Schon seit Tagen beobachte Ich die Wettervorhersage für Trondheim Lillehammer und Oslo. Leider ist der Start wohl etwas verregnet, unser Start ist am Freitag um 21:42 ... und dann geht esRichtungSSW(Süd Südwest) ...
So Gepäck aufgegeben- hoffentlich kommt es heil und rechtzeitig an ! Ich glaube 3 andere die gestern geflogen sind warten noch auf ihr Rad 😯
Das Wetter hat sich auch wohl stabilisiert. Wahrscheinlich starten wir morgen Nacht im Regen  bei ca 10 Grad aber im zweiten Drittel wird es wohl besser. 
Der Wind soll meistens aus West kommen d.h. wir haben zumindest Seitenwind.
Es wird oben auf 990m wohl doch kälter als gedacht 😕
Tatsächlich pünktlich angekommen, trotz nur 15 min Transfer in Oslo. Leider hat es mein Rad nicht geschafft aber es wird sogar zum Hotel nachgeliefert !
Eindrücke aus dem Flieger ...
Noch ein Nachtrag: ein kleiner Schritt für mich und KEIN großer für die Menschheit- aber tatsächlich mit 51,5 Jahren der Erste für mich in Norwegen 😯

20.6.19,14:25 in Oslo ...

Trondheim überrascht mit 20 Grad und etwas Sonne ...
Es gibt sogar einen link wo man das Wetter entlang der Strecke sehen kann wenn man die Startzeit angibt!
Natürlich darf das obligatorische Skandinavien Bild nicht fehlen !
Woran erkennt man dass man in Norwegen ist ? Der Tripadvisor zeigt als erstes nur Restaurants in der €€€€ Kategorie (habe ich in Deutschland nie bemerkt)
Oder an den Bierpreisen natürlich... (10 NOK = ca 1 €)
Fahrräder sind tatsächlich angekommen und jetzt auch aufgebaut. Es scheint alles vorbereitet für den großen Tag ... 
Jetzt nochmal die besondere Nachtatmosphäre von Trondheim schnuppern. An Schlaf ist jetzt eh noch nicht zu denken ...
Der „Sonnenuntergang „ in Trondheim zur Mittsommernacht ist natürlich ein Phänomen!
Die Bilder sind von Mitternacht ...
Woran ich mich erst gewöhnen muss ist dass mein Nachname hier wirklich häufig in Verbindung mit Rum vorkommt 🤔

Mittlerweile haben wir die Startunterlagen abgeholt. Das war allerdings eine kleine Odyssee mit Rad an der einen und Radkoffer in der andern Hand zu Fuß erst zum vermeintlichen Startpunkt, da wir direkt die Koffer abgeben wollten. Das geht aber erst später also zum Hotel wo es die Unterlagen gibt. Von dort wieder zurück zum Hotel wo wir schon ausgecheckt hatten aber dankenswerterweise trotzdem nochmal beides bis heute Abend deponieren dürften. 
Am Ende sind wir so wohl 6km wie die Esel durch Trondheim gelaufen ...
Jetzt heißt es warten ... Andere haben ihr Zimmer einfach verlängert... nochmal entspannen ...
Jetzt ist doch die Sonne nochmal rausgekommen und es sieht auch so aus als ob es auf der Strecke weniger nass wird... allerdings kommt dafür auch wieder leichter Wind von vorne ...
Aber das Team ist guter Stimmung, jetzt gleich noch Pasta Party 😃
Pasta !! Speicher füllen ...
Pasta !! Speicher füllen ...
Die Räder warten auf ihren Einsatz ...
Die Räder warten auf ihren Einsatz ...
Noch etwas weniger als 2h - der Start rückt näher ! Es kann jetzt auch endlich losgehen ... 
Vor dem Start nochmal ein paar Impressionen aus Trondheim 
Und man merkt dass hier E-Autos populärer sind als bei uns:
Ca 15 Ladesäulen hintereinander ...
Ca 15 Ladesäulen hintereinander ...
So mal ein Update an dieser Stelle:
Nachdem wir harte 4,5h mit Regen und Kälte im Dunkeln hinter uns gebracht hatten und teilweise bei den Stationen so geschottert haben das die Brühe aus der Tasse schwappte kam doch noch die Sonne raus und wir haben nach 6 Stunden und 165km den Höchsten Punkt erreicht haben sind wir mittlerweile bei KM 308 und haben 2200 hm hinter uns ...
Geschafft!
Geschafft!

Der Bericht zur Tour

Das war mal wieder eine Erfahrung !

Zu 7. sind wir die Kraftprobe angegangen (Styrkeproven). Und alle sind ins Ziel gekommen und bis auf die letzten 160km immer zusammen gefahren. Da wollten 5 von uns noch etwas schneller weiter.

Am Ende ist eine tolle Zeit herausgekommen mit 18h22 Bewegungszeit plus ca. 4h15 Pause macht gesamt 22h37, die natürlich nur zählt.

Aber wir Strava Leute zählen natürlich nur die Zeit in Bewegung und den Schnitt, der mit 29,4Km/h weit über unseren Erwartungen lag.

Aber der Reihe nach ...

Der Start des Rennens war für uns um 21:42 in Trondheim, das hatte den Nachteil dass man erstmal den ganzen Tag rumkriegen muss und das wo man das Hotelzimmer schon um 11 abgeben muss !

So habe ich viel Zeit im Café verbraucht aber natürlich konnte ich nicht mehr schlafen. So kam es dass ich beim Start schon 16,5h wach war, was nicht ideal ist, wenn man die Nacht durchfahren will.

Die Wetterprognose ist natürlich immer sehr wichtig und wird im Vorfeld täglich geprüft- wird es regnen, wie kalt wird es, wie stark wird der Wind und von wo kommt er? Am Ende war sie gar nicht so schlecht- aber wir sollten eines besseren belehrt werden! In den ersten 2h sollten wir leichten Regen bekommen danach trocken. Von der Prognose hängt natürlich ab was man anzieht und was man mitnimmt- und man will ja nicht zu viel mitschleppen auf so einem Ritt. 

Mein Optimismus hat mich dazu geführt das ein Unterhemd, ein Radtrikot und eine Regenjacke reichen, dazu Arm und Beinlinge.

Der Start
Der Start
Bei km 62 kam dann die erster Verpflegungsstation und wir hatten vorher schon „Horrormärchen“ darüber gehört. Auf 400 Meter Höhe bei Regen und durchgefroren gab es vom LKW runtergereicht heiße Getränke und in Folie eingepackte Sandwiches. Alle drängten sich an die Ausgabe, es war chaotisch und am Ende hat man kaum was heißes bekommen (Nachschubprobleme) und die Folie hat man mit seinen nassen klammen Fingern kaum aufbekommen. 

Es spiegelt nicht die Kälte wieder und auch nicht die Nässe - aber hier ging’s weiter nach Station 2
Es spiegelt nicht die Kälte wieder und auch nicht die Nässe - aber hier ging’s weiter nach Station 2
Der Gipfel (Dovrefjell) lag nicht mehr weit entfernt und wir dachten dass wir bei der Abfahrt sterben müssten wenn wir da immer noch so nass und kalt sind (da oben auf 998m Höhe sollten es 2 Grad werden.

Zum Anstieg auf den Gipfel hat es dann aber endlich aufgehört mit dem Regen, nach ca 4h 

Leider war der „Sonnenaufgang“ (In Trondheim wird es zum Mittsommer nicht wirklich dunkel) nicht zu sehen, da alles noch mit Wolken verhangen war. 
Oben auf 998m war es dann aber doch sehr schön, die ersten Sonnenstrahlen kamen ca 30 min vorher raus aber es war Null Grad ! Die schöne Landschaft und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen haben dann auch darüber hinweggetröstet dass die Abfahrt nicht sofort kam sondern wir erst noch 22km im Gegenwind von ca 20km/h fahren durften. 
So oder so war es für mich der schönste Teil der Strecke. 
Die Abfahrt führte und dann zur 3. Station bei km 196 wo wir uns mit Suppe wärmen konnten
Kurz vor der Ankunft kamen mal wieder die ersten Müdigkeitserscheinungen. Diesmal aber keine Halluzinationen sondern einfach nur das Gefühl dass man nicht mehr so ganz konzentriert ist. Dagegen hilft am besten vorne fahren in der Gruppe oder sich unterhalten ...
Nach der 3. Station hatten wir ja die größten Anstiege schon geschafft aber auf den restlichen ca 350km warteten auch noch mal 1800 hm auf uns
Auf dem letzten Drittel der Strecke haben wir 2x einen D-Zug in Anspruch genommen. Das sind Amateur Teams die sich ganz dolle Zeiten vorgenommen haben (Der Sieger war diesmal in 13:59 im Ziel). Da konnten wir uns schön hinten dran hängen und teilweise mit 45 km/h mitfahren. 
Zu dem Zeitpunkt (ca 160km vor dem Ziel) waren wir nur noch zu 7. da einer von uns sehr müde war und ein anderer sich zum begleiten bereit erklärt hat.
Die letzte Verpflegungsstation haben wir uns gespart da wir nur noch ankommen wollten. 
Die letzten 15km haben den eigentlich positiven Eindruck der Strecke zu mindest für mich sehr getrübt. Es ging über abgesperrte Autobahnen und Kraftfahrstrassen nach Oslo hinein 😕
Sieht zwar romantisch aus - war es aber nicht ...
Sieht zwar romantisch aus - war es aber nicht ...
Schließlich haben wir es geschafft- und das wesentlich schneller als gedacht !
An der Platzierung sieht man, dass da noch einige schneller unterwegs waren allerdings holen die das hauptsächlich über kürzere und weniger Pausen raus. 
Bei der Anreise hatte ich eine Gruppe von 18 Ü60er kennengelernt die 8x5 min Pause machen wollten (selbst organisiert mit Begleitauto) - ob die das bei dem Wetter geschafft haben weiß ich nicht.
Wir hatten 4:15 min Pause 
Die richtig ambitionierten (die wir 35km begleiten durften) machen 4x3 min Pause !!
Ein Anlegerbierchen durfte am Ende natürlich nicht fehlen!!
Mittlerweile war ich 41h auf den Beinen und echt müde. Manche andere sind entweder etwas später aufgestanden oder konnten während des Tages noch ein Nickerchen machen.
Auf jeden Fall mussten wir ja mit Rad und Radkoffer) noch zum Hotel welches 5km entfernt war ... 
Zwischenzeitlich war die Idee, die Strecke zu Fuß zu gehen aber dann haben wir zum Glück einen Bus gefunden. Allerdings war dieses Unterfangen auch nicht so einfach da wir 3 Rennräder und 3 große Radkoffer dabei hatten. Irgendwie haben wir aber alles hineinbekommen und sind gegen 23:30 im Hotel angekommen wo wir ein 4er Zimmer gebucht hatten. Auch hier war Platz ein Thema aber unsere Räder haben einen Ehrenplatz auf dem Balkon gefunden  
Um 00:30 war ich dann endlich im Bett nach über 46h auf den Beinen ...

Das war dann auch eins meiner Learnings aus dem Projekt: für Flensburg - Garmisch werde ich wohl doch Schlafzeit einplanen denn der Körper fordert seine Auszeit.

Das mit dem Essen hat diesmal wesentlich besser geklappt als beim Brevet vor 6 Wochen aber das ist der Vorteil wenn die Verpflegung inklusive ist und man sich nicht selber kümmern muss. 
So hatte ich auch im Ziel noch gute Beine, aber der Hintern hat ganz klar signalisiert dass Schluss sein sollte! Da muss ich mir für Flensburg - Garmisch noch was überlegen 🤔...
Am stärksten hat sich die Phase eingebrannt wo die Füße klatschnass und der Körper sehr kalt war. Der Moment wo man sich auf eine warme Verpflegungsstation freut und durch vom LKW ausgegebenes (limitiertes) Essen und Trinken enttäuscht wird. Der Moment wo man auf andere aus der Gruppe wartet obwohl man saumäßig friert da noch dies oder das erledigt werden musste. Und die Weiterfahrt wo man vor Zittern nicht richtig sprechen und kaum den Lenker gerade halten kann. Und trotzdem schafft man das. In dem Fall hat mir der Gedanke an bessere (kommende) Zeiten auf der Tour geholfen, dass man irgendwann in der Sonne durch schönen Landschaften fährt und man vor Glück wieder strahlt. 
Diese Tour hat wieder Glück und Leid gezeigt welches man bei solchen Events quasi mitbucht...

Der schönste Moment war für mich als die Sonne endlich herauskam und wir oben auf dem Dovrefjell durch die grandiose Landchaft gefahren sind. 
Aber auch die Kleinigkeiten die man im Alltag fast übersieht, die aber in machen Phasen wie Gold wirken: ein Schluck heißer Kaffee (oder hm sehr lecker Rhabarber Suppe !) zur rechten Zeit, ein Schokoriegel, den man sich für einen besonderen Moment aufbewahrt hat (hier das Erreichen des Gipfels), ein Lächeln unter gleichsam vom Schicksal gebeutelten Mitmenschen, oder (und das ist in Norwegen wirklich aufgefallen) sehr hilfsbereite Leute, die auch mal mehr machen als sie eigentlich müssten !
Zum Abschluss noch ein paar Eindrücke aus Oslo, eine wirklich schöne Stadt ...

Dieses Kunstwerk soll wohl die wahren Kraftverhältnisse in einer Beziehung darstellen:

Oder hier das architektonisch sehr schöne Opernhaus am Hafen
Hier konnte man sich wohl nicht entscheiden wie der Zugang zum Gebäude nun aussehen soll 🤔
Und wahllos noch ein paar nette Eindrücke ...